Crowdinvesting – im Schwarm in die Pleite, so titelte die Wirtschaftswoche im Mai 2014. Crowdinvesting ermöglicht die Finanzierung von jungen Unternehmen durch Kleinanleger. Was ist dran am Titel des Artikels in der Wirtschaftswoche?
Geldbildung konnte zum Thema Crowdinvesting einen sehr spannenden Interview Partner gewinnen. Jörg Diehl ist Serien-Crowdinvestor und Head of Investor Relations bei aescuvest, einer Crowdinvesting Plattform, die den Schwerpunkt auf Innovationen im Bereich Healthcare und Medizin legt.
Geldbildung: Hallo Jörg, herzlich willkommen bei Geldbildung und besten Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview nimmst!
Jörg Diehl: Die Zeit nehme ich mir gerne, vielen Dank für die Gelegenheit etwas zum Thema zu erzählen.
Geldbildung: Wie würdest Du jemanden den Begriff Crowdinvesting erklären, der noch nie etwas davon gehört hat?
Jörg Diehl: Da viele Leute schon von Kickstarter gehört haben, bezeichne ich Crowdinvesting gerne mal salopp als „Kickstarter für Geld“. Man kann Crowdinvesting vereinfacht auch als Schwarmfinanzierung bezeichnen. Viele Anleger investieren relativ kleine Beträge und in der Summe ergibt sich ein großer Betrag für ein Unternehmen oder ein bestimmtes Projekt.
Oder anders gesagt: Crowdinvesting ist eine Finanzierungsform, bei der viele Investoren Gelegenheit erhalten, auch mit relativ kleinen Beträgen in Unternehmen und Projekte zu investieren und an deren finanziellem Erfolg beteiligt zu werden.
Geldbildung: Die Begriffe Crowdfunding, Crowdinvesting und Crowdlending können verwirren, wie kann man diese Begriffe voneinander abgrenzen?
Jörg Diehl: Da ich auch im Bundesverband sehr aktiv mitarbeite verweise ich hier gerne auf die Definitionen des German Crowdfunding Network: http://www.germancrowdfunding.net/definition/
Einfach gesagt: Crowdfunding ist der Oberbergriff für die verschiedenen Arten der Schwarmfinanzierung. Für den Bereich Crowdfinance gibt es zwei Untergruppen, Crowdinvesting und Crowdlending. Beim Crowdlending gibt man ein Darlehen, für das man einen festen Zinssatz bekommt. Bei Crowdinvesting bekommt man am Ende oft eine Gewinnbeteiligung und einen Anteil am Exit-Erlös, sollte es einen Exit geben.
Geldbildung: Welche Chancen und Risiken bietet Crowdinvesting aus Anlegersicht und für welche Anleger ist Crowdinvesting geeignet?
Jörg Diehl: Die Chancen beim Crowdinvesting sind einfach, dass man einen Anteil am Gewinn und am Exit-Erlös erhält. Die möglichen Renditen sind sehr hoch, allerdings ist das auch mit einem sehr großen Ausfallrisiko bei Startups verbunden. Was mich persönlich auch noch an dieser Anlageform reizt, ist dass man leicht in engeren persönlichen Kontakt mit dem Gründerteam kommt. Hieraus können sich zukünftig Geschäftsbeziehungen entwickeln. Auch ist es möglich, dass man mit den Gründern über eine andere Beteiligungsart reden kann, wenn die Geschäfte gut laufen und wieder Kapitalbedarf besteht. So kann es durchaus passieren, dass man beim Crowdinvesting einen relativ kleinen Betrag in ein Unternehmen investiert. Sollten die Geschäfte gut laufen und man hat Lust auch selbst mitzuwirken, kann man mit den Gründern reden, ob sie einem nicht auch mal eine direkte Beteiligung als Business Angel anbieten.
Da diese Finanzierungsform oft für Startup Unternehmen genutzt wird, sollte man immer bedenken, dass das Risiko einer Insolvenz sehr hoch ist. Daher rate ich dazu auch nur Geld zu investieren, auf das man im Notfall auch verzichten kann. Außerdem kann eine breite Streuung über verschiedene Unternehmen, Plattformen und Industriebereiche zur Senkung des Gesamtrisikos sinnvoll sein.
Geeignet ist es für jeden Anleger, der bereit ist, ein hohes Risiko einzugehen, um an sehr spannenden Entwicklungen in der Startup Welt teilzunehmen. Bisher gab es ja leider nur große Venture Capital Fonds, wo die Mindestsumme, die investiert werden musste ziemlich hoch war. Crowdinvesting ermöglicht es praktisch jedem, sich auch mit kleinen Summen an dieser Anlageform aktiv zu beteiligen. Das finde ich toll. Was die bisherigen Insolvenzen angeht kann ich nur sagen, dass mein breit aufgestelltes Portfolio bisher, also in den letzten zweieinhalb Jahren, Verluste von weniger als 10% verkraften musste.
Geldbildung: Kannst Du eine Plattform für Einsteiger empfehlen, die als Crowdinvestor loslegen möchten?
Jörg Diehl: Als Einsteiger würde ich erst einmal mit kleineren Beträgen in verschieden Projekte investieren. Das geht z.B. bei fundsters schon ab 1€ und bei companisto ab 5€ pro Anteil. Wenn man nicht gleich in Startups investieren will, kann man über Plattformen wie z.B. bettervest in Energieeffizienzmaßnahmen ab 50€ und über bankless24 in Mittelstandsbetriebe ab 100€ investieren. Hier würde ich das Risiko etwas geringer einschätzen, als bei Investitionen in Startup Unternehmen.
Als neue Plattform mit Fokus auf Innovationen aus den Bereichen Medizin und Gesundheit kann ich natürlich auch aescuvest empfehlen.
Mein persönlicher Rat ist es, erst einmal mit kleinen Beträgen anzufangen, um ein Gefühl für die Materie zu bekommen und sich dann an höhere Summen heranzutasten. Am Ende sollte man sich ein breites Portfolio schaffen, um das Ausfallrisiko seiner Investments zu streuen.
Bevor man auf einer Plattform in ein Funding investiert, sollte man sich mit der Plattform vertraut machen, AGBs und Musterverträge durchlesen und auch Fragen stellen, sollten sich welche ergeben. Ich würde auch dazu raten, sich nicht nur auf eine einzige Plattform zu konzentrieren sondern seine Investments über mehrere Plattformen streuen.
Geldbildung: Was ist für Dich der Reiz Geld als Crowdinvestor in junge Unternehmen zu investieren und was sind Deine Kriterien für die Investitionsentscheidung, d.h. wie wählst Du die Projekte aus, in die Du investierst?
Jörg Diehl: Ich möchte junge, innovative Unternehmen unterstützen. Es macht Spaß zu beobachten, wie diese wachsen, Arbeitsplätze schaffen und damit die deutsche Wirtschaft stärken.
Kriterien für ein Investment gibt es verschiedene bei mir. Zunächst einmal muss mich das Unternehmen ansprechen und es muss für mich Sinn machen, dass man mit dem Geschäftsmodell Geld verdienen kann. Sehr wichtig ist für mich das Team! Die Gründer müssen für ihr Unternehmen brennen und sich gut ergänzen (Operations, Finanzen / Controlling, Marketing / Vertrieb). Worauf ich besonders achte sind Fragen, die von Investoren gestellt werden. Je nachdem, wie die Gründer diese beantworten, bilde ich mir eine Meinung dazu, ob sie Ahnung von der Materie haben.
Geldbildung: Was sind drei Bücher, die Dich in Bezug auf investieren, Börse und Kapitalmarkt besonders geprägt haben?
Jörg Diehl: Ich investiere seit mehr als 15 Jahren an der Börse in Aktien, Fonds, Optionen, etc. da gibt es keine speziellen Bücher, die mich geprägt haben. Ich habe mir vieles durch regelmäßigen Bezug der Zeitschriften „Der Aktionär“ und „Börse Online“ und regelmäßiges lesen des Wirtschaftsteils großer Tageszeitungen wie „Handelsblatt“ und „FAZ“ angeeignet.
Zum Thema Crowdinvesting hat mir das Buch „Crowdinvesting – die Investition der Vielen“ von Prof. Dr. Ralf Beck sehr gut gefallen.
Geldbildung: Hast Du ein Lieblingszitat?
Jörg Diehl: „stay hungry, stay foolish“ (Steve Jobs, 12.06.2005 Rede an der Stanford University)
Geldbildung: Jörg, besten Dank für das spannende Interview, wie können meine Leser mit Dir in Kontakt treten?
Jörg Diehl: Kontaktieren kann man mich gerne bei Facebook, Xing und LinkedIn und natürlich auch auf: aescuvest, hier kann man sich sehr gerne für unseren Newsletter registrieren, damit man spannende Startups aus dem spannenden Bereich der Medizin und Gesundheit nicht verpasst!
Jörg Diehl ist Serien-Crowdinvestor und Head of Investor Relations bei aescuvest, einer Crowdinvesting Plattform, die den Schwerpunkt auf Innovationen im Bereich Healthcare und Medizin legt.