„Wir können nicht mit Geld umgehen“ titelte jüngst die FAZ. Wir von Geldbildung wollen es genau wissen und sprechen mit dem Finance Absolventen und Startup Gründer Fabian Kiechle. Über seine Seite myinvestmenttutor engagiert er sich außerdem für finanzielle Allgemeinbildung und gründete aufgrund des Niedrigzinsumfeldes vor gut zwei Jahren ein Familiendepot, das er seitdem verwaltet.
Geldbildung: Hallo Fabian, schön, dass du dir die Zeit nimmst für ein Interview. Herzlich Willkommen bei Geldbildung!
Fabian Kiechle: Das Vergüngen liegt ganz meinerseits.
Geldbildung: In dem Artikel der Zeit schreibst du von deiner Erfahrung in der Verwaltung des Familiendepots, was ist deine Erfahrung mit Aktienclubs, für wen eignet sich dieses Investitionsvehikel?
Fabian Kiechle: Aktienclubs sind eine schöne Gelegenheit, um sich mit Gleichgesinnten aktiv am Kapitalmarkt zu beteiligen. In den vergangenen Jahrzehnten, als die Transaktionskosten am Kapitalmarkt noch deutlich höher waren, lohnte sich der Zusammenschluss zu einem Aktienclub – schon aus Kostengründen.
Den wohl berühmtesten Aktienclub, den R 3000, gründete 1980 der legenäre Günter Weispfenning. Die Value Strategie des R 3000 war mit konstant 30% Rendite pro Jahr so erfolgreich, dass er in den 90er Jahren in die ShareHolder Value AG umgewandelt wurde. Diese besteht heute noch und betreut ein Volumen von knapp einer Milliarde Euro. Heutzutage sind die Auflagen der BaFin für Aktienclubs jedoch deutlich rigider. So musste zuletzt der sehr erfolgreiche AlphaStarAktien Club geschlossen werden, da er ein zu hohes Gesamtvolumen erreichte. Jetzt wird er zwar in einer Fondsstruktur weitergeführt. Schade nur, das nun die monatlichen Börsenabende entfallen.
Geldbildung: Was ist aus deiner Sicht eine realistisch erzielbare Rendite für langfristig investierende Privatanleger mit mittlerer Risikofreude?
Fabian Kiechle: Für realistisch halte ich langfristig 5 bis 6% pro Jahr. Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung glaube ich zwar weiterhin an eine im Schnitt wachsende Weltwirtschaft. Allerdings werden die Wachstumsraten wohl nicht mehr so hoch ausfallen wie teilweise im 20. Jahrhundert. Hier möchte ich auf das umstrittene Buch von Piketty verweisen, der recht anschaulich zeigt, dass die Wachstumsraten stagnieren oder sogar rückläufig sind.
Geldbildung: Was hältst du von passivem investieren?
Fabian Kiechle: Für den Privatanleger ist ein passiver Investmentansatz mithilfe von ETF Sparplänen wohl die klügste und effizienteste Methode sich langfristig eine schöne Kapitalgrundlage aufzubauen. Im Normalfall bleibt kaum Zeit sich intensiv mit einzelnen Firmen auseinanderzusetzen, um fundiertes Stockpicking zu betreiben, zumal niemand weiß wie die Bewertungen wohl morgen oder in einem Jahr stehen werden. Da ist es besser konstant jeden Monat für einen fixen Sparbetrag einige Anteile eines breit gestreuten ETF Portfolios zu erwerben, um langfristig am Weltwirtschaftswachstum teilzuhaben. Dann kann es dem Anleger egal sein, ob der DAX gerade bei 5000 oder 11`000 steht.
Geldbildung: Mit myinvestmenttutor hast du ebenfalls eine Plattform zur Förderung von finanzieller Bildung in Deutschland gegründet, warum ist aus deiner Sicht finanzielle Bildung so wichtig?
Fabian Kiechle: In der Wahrnehmung der meisten Menschen ist die Finance Welt recht undurchsichtig und komplex. Außerdem sehe ich bei vielen eine Art Reflexreaktion: Geld hat man eigentlich immer zu wenig und ist bei vielen auch deshalb negativ besetzt. Da schaut man am liebsten gar nicht auf seinen Kontostand. Aber genau hier liegt auch der Fehler: Wir haben uns nun einmal als Gesellschaft auf unser Geldsystem und einen, wenn auch sozialen, Kapitalismus geeinigt. Das sind unsere Spielregeln, nach denen wir spielen. Wenn ich mich nun nicht mit den Spielregeln befasse, muss ich mich nicht wundern, wenn ich im Leben auf keinen grünen Zweig komme. Außerdem halte ich finanzielle Bildung für wichtig um als Bürger auch politisch richtige Entscheidungen treffen zu können. Bei einer breiteren finanziellen Grundbildung in Deutschland in jeder Gesellschaftschicht würden einige Themen wohl aufgegriffen und einmal gründlich diskutiert. Nur dazu fehlt meist völlig das nötige Grundwissen.
Geldbildung: Was sind deine drei Lieblingsbücher in Bezug auf Börse, Kapitalmarkt und investieren im Allgemeinen?
Fabian Kiechle: Meine Investmentbibel ist ganz klar „The intelligent Investor“ von Benjamin Graham. Nicht umsonst ist einer seiner Schüler, Warren Buffet, der wohl erfolgreichste Investor der Welt. Ein weiteres Buch, mit dem man sich als interessierter Bürger auseinandersetzen sollte ist „Capital in the 21th Century“ vom Pariser Professor Piketty. Besonders spannend finde ich allerdings das im Jahre 1841 erschienene Buch von Charles Mackay mit dem Titel „Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds„. Beim lesen stellt man fest, dass in den letzten Jahrhunderten am Kapitalmarkt immer wieder die gleichen Mechanismen abliefen und noch immer ablaufen. Man erfährt dass es in England zur Zeiten der Südseehausse 1720 eine regelrechte IPO Schwemme gab, während der die aberwitzigsten Kapitalgesellschaften gegründet wurden – nur weil Eigenkapitalbeteiligungen gerade in aller Munde waren und man ungeheures Potential in der Südsee witterte. Es gab dort die „Night singer of shares„, Menschen die mit der Glocke durch die Straßen gingen um Aktien zu verkaufen. Wenn man sich dann einmal Stimmung während der Blase des Neuen Markts 2000 ansieht, fallen einem schon Parallelen auf.
Geldbildung: Hast du ein Lieblingszitat, das dich beim investieren und als Unternehmer motiviert?
Fabian Kiechle: *lacht* Da gibt es einige – doch ein Zitat von John D. Rockefeller hat es in sich: „Es ist besser, einen Tag im Monat über sein Geld nachzudenken, als einen ganzen Monat dafür zu arbeiten.“
Geldbildung: Fabian, ich danke dir für das spannende Gespräch!
Bildquelle: Myinvestmenttutor