„Der DAX wird um 30% einbrechen“. Wie oft liest man solche oder ähnliche Prognosen?
Vorhersagen in Bezug auf die Entwicklung von Einzelwerten, Rohstoffen oder Börsenindizes. Dabei werden Jahresendziele verkündet, Aktien auf den Euro genau bewertet und Kursziele um wenige Euro angehoben oder gesenkt.
All dies kann unter einem Begriff subsumiert werden: Investmentpornografie.
Wie erkenne ich Investmentpornografie?
Investmentpornografie sind Informationen, die gemäß Gerd Kommer folgenden Charakter aufweisen:
- Risiken, die eine Investition in Wertpapiere mit sich bringen werden heruntergespielt oder ignoriert
- Aussagen, die nur zufällig korrekt sein können werden als Expertenwissen verkauft
- Vergangene Prognosen werden nur dann erwähnt, wenn diese eingetroffen sind
- Es wird ein überholter Stand der Wissenschaft vermittelt
- Modernste Forschungsergebnisse werden totgeschwiegen, da diese nicht in gleicher Weise für Schlagzeilen geeignet sind
- Es wird ein Starkult um einzelne Börsengurus etabliert
Übersprünglich kommt der Begriff „Investmentpornografie“ aus den USA und wurde von Jane Bryant Quinn, einer Wirtschaftsjournalistin, in verschiedenen Artikeln und Kolumnen maßgeblich geprägt.
Gerd Kommer schätzt den Anteil der Informationen über Wertpapiermärkte, die als Investmentpornografie bezeichnet werden können, wie folgt ein:
90 % der Informationen über Wertpapiermärkte sind Investmentpornografie. Sie sind bestens geeignet, die Nettorendite von Anlegerportfolios zu senken und die finanzielle Gesundheit des Anlegers zu schädigen. Ihr primäres Ziel ist es, Anleger zum Kaufen und Verkaufen zu animieren.
5 Beispiele von Investmentpornografie
Ein Besuch auf einer Webseite der populären Anleger- und Börsenmagazine genügt und man erhält genügend „Material“ in Form von Artikeln oder Werbebannern, die den geschätzen Anteil von 90% plausibilisieren.
Hier ein paar Beispiele in aufsteigender Härte quasi von jugendfreien zu nicht jugendfreien Informationen:
- „Kaufen: Die fünf europäischen Top-Aktien der SocGen für 2015“
- „Kaufen: Sieben Aktien, bei denen Charttechnik und fundamentale Story stimmen“
- „8 Aktien, die Sie sofort verkaufen müssen.“
- „Attraktive 9% Festzins-Rendite mit einmaligen Sicherheiten! Ab 1.000 Euro und 2 Jahre Laufzeit!“
- „Die 1000% Aktie: Wie Sie mit einer Aktie reich werden!“
Bei all diesen Empfehlungen werden die Risiken ignoriert bzw. heruntergespielt, die Aussagen sind relativ zufällig und werden als Expertenwissen verkauft. Wenn der Autor wissen würde, welche Aktien sofort verkauft werden müssten, dann könnte er bequem diese Aktien leer verkaufen bzw. shorten und damit ein Vermögen verdienen. Warum sollte Dir jemand sagen mit welcher Aktie Du reich wirst?
Eine Rendite von 9% und Festzins in einem Atemzug zu nennen ist erstaunlich. Das widerspricht im aktuellen Marktumfeld – bei einem Leitzins von 0,05% – jeder Logik. Die 1000% Aktie dürfte den meisten Anlegern spanisch vorkommen, aber scheinbar funktionieren diese Aussagen, da diese Versprechungen keine neue Erscheinung sind.
Konsequenzen aus Anlegersicht
Für Privatanleger ist es empfehlenswert eine Strategie aufzusetzen, die losgelöst von Prognosen, abgestimmt auf die eigene Risikofreude und auf wissenschaftlichen Ergebnissen der Kapitalmarktforschung beruht.
Als Anleger sollte man sich auf den kontrollierbaren Teil der Geschichte konzentrieren. Kontrollierbar sind die Kosten der Anlageprodukte, die man kauft und die Strukturierung des Vermögens. Die Aufteilung des Vermögens bzw. die Vermögensallokation wirft folgende grundlegende Frage auf: Welcher Anteil soll in welche Anlageklasse investiert werden?
Insgesamt solltest Du Dich also nicht von den täglichen Meldungen, Einschätzungen und Analysen verwirren lassen, sondern diese in aller Ruhe an Dir vorbeiziehen lassen. Hast Du ein besonders exotisches Beispiel für Investmentpornografie? Ich freue mich über einen Kommentar von Dir!
Empfehlenswertes Buch von Gerd Kommer in welchem er auch über Investmentpornografie schreibt:
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