Mindset, ein Anglizismus der so viel bedeutet wie „Denkart“; „Denkweise“; „geistige Haltung“ oder „Mentalität“. Es geht um Überzeugungen und um Glaubenssätze, die so fest verankert sein können wie Stahlpfeiler einer Autobahnbrücke. Denkst Du Aktien sind riskant, Immobilien sind die beste Geldanlage der Welt und die Rente ist sicher? Woher kommen diese Glaubenssätze? Wie entsteht das finanzielle Mindset?
Die Macht Deiner Herkunft
Die wichtigste und prägendste Zeit Deines Lebens ist die Kindheit und das heranwachsen als Jugendlicher. Hier wird maßgeblich die Richtung bestimmt und die eigenen Eltern sind oftmals die wichtigsten Vorbilder. Hier werden die ersten Stahlpfeiler gesetzt. Ist man eher risikofreudig oder risikoavers? Hält man für sein eigenes Leben viel, alles oder nichts für möglich? Denkt man Leistung lohnt sich? Ist Arbeit Mittel zum Zweck oder Teil des eigenen Lebens? Manches mag Genetik sein, aber vieles ist Sozialisation.
Ich habe schon in meiner Podcast Folge Nr. 10 über Familie abhängig und Familie unabhängig gesprochen. Die Kreation dieser beiden fiktiven Familien ist in Anlehnung an Robert T. Kiyosaki und seine beiden Väter Rich Dad und Poor Dad. In den meisten Fällen wird es vielleicht eher eine Mischung beider Familien sein, aber es wird eine übergeordnete Grundrichtung geben. Das gilt im übrigen nicht nur für finanzielle Glaubenssätze, sondern auch für die wesentlichen anderen Bereiche im Leben. Ich halte es daher für sehr wichtig sich der eigenen Herkunft und der „mitgelieferten“ Werte bewusst zu sein. Nur wenn man reflektiert und sich den eigenen Werten bewusst ist, dann kann man diese verändern. Hier auf Geldbildung geht es dabei um die „Geldwerte“ und das finanzielle Mindset. Lass uns die beiden Familien nochmal ansehen.
Familie abhängig
Was für finanzielle Überzeugungen resultieren aus einem aufwachsen in Familie abhängig? Was denkt Dein Vater über Geld, Risiko, Freiheit und Unternehmertum?
Stelle Dir folgende Familien vor:
Dein Vater ist Angestellter mit laufendem festem Einkommen. Das Einkommen ist in seiner Höhe absolute planbar und ist enorm wichtig, da davon der Immobilienkredit über 25 Jahre abbezahlt wird. Im Jahr 1999 hat Dein Vater 10`000 DM am Aktienmarkt angelegt und aus Ärger und Wut über die Dotcom Blase 2002 alle Aktien mit 70% Verlust verkauft. Die Schlussfolgerung Deines Vaters sei folgende: „In meinem Leben kaufe ich nie wieder Aktien, Aktien sind ein Teufelszeug„. Was glaubst Du wie Du zu Aktien stehen wirst, wenn Du diese Schlussfolgerung Deines Vaters öfters hörst? Du wirst wahrscheinlich Aktien bis auf weiteres erstmal für keine gute Anlage halten.
Dieser Verlust ist ohne Zweifel sehr ärgerlich, aber ist es die richtige Schlussfolgerung nie wieder Aktien zu kaufen und dieses Mantra über Generationen weiterzugeben? Müsste die Schlussfolgerung nicht deutlich differenzierter ausfallen? Vielleicht zu teuer gekauft, vielleicht zum Tiefstand verkauft, neues Spiel neues Glück?
Familie abhängig ist für mich durch eine oder mehrere der nachfolgenden Aussagen charakterisiert:
- Ich will um jeden Preis ein Eigenheim und bin bereit mich auf Jahrzente zu verschulden
- Aktien sind mir zu riskant, ich lasse die Finger davon
- Ich will den Verlust von Vermögen um jeden Preis verhindern
- Ich beschäftige mich sehr ungern mit Geld/Kapitalanlage
Familie unabhängig
Was für ein finanzielles Mindset resultiert bei einem aufwachsen in Familie unabhängig? Was denkt hier Dein Vater über Geld, Risiko, Freiheit und Unternehmertum?
Stelle Dir nun folgende Situation vor:
Dein Vater hat eine Firma, die mal besser und mal schlechter läuft. Das Einkommen ist nur bedingt planbar, es besteht aus Gehalt und Dividende. In manchen Jahren verdient Dein Vater sehr viel und in anderen Jahren deutlich weniger oder kann sich sogar gar kein Geld auszahlen. Dein Vater hat ebenfalls im Jahr 1999 10`000 DM am Aktienmarkt angelegt und ebenfalls im Rahmen der Dotcom Blase 70% Buchverlust erlitten. Er verkauft die Aktien nicht, da er bereits 70% verloren hat und auf eine Erholung hofft. Er weiß wie schnell es an den Börsen auch wieder nach oben gehen kann. Die Schlussfolgerung Deines Vaters: Mal gewinnt man, mal verliert man. Wichtig ist, was unter dem Strich rauskommt. Bei einem aufwachsen in dieser Familie wirst Du dem Aktienmarkt deutlich offener eingestellt sein, einfach aufgrund der anderen Reaktion auf die gleiche Börsenerfahrung.
Familie unabhängig ist für mich durch eine oder mehrere der nachfolgenden Aussagen charakterisiert:
- Ich will kein Eigenheim um jeden Preis, Unabhängigkeit ist mir und meiner Familie wichtiger
- Aktien sind Beteiligungen und gehören zum Vermögensaufbau wie die Butter aufs Brot
- Verluste sind schmerzlich, aber nur wer bereit ist zu verlieren, der kann auch gewinnen
- Ich beschäftige mich gerne mit Geld/Kapitalanlage
Was ich hier am Beispiel der Aktienanlage skizziert habe, kannst Du auf alle anderen ökonomischen und sozialen Fragen übertragen.
Die Macht Deines Umfeldes
In welches Elternhaus man geboren ist, das kann man sich nicht aussuchen. Neben dem Elternhaus ist die Macht des Umfeldes mindestens ebenso relevant für die eigenen finanziellen Glaubenssätze. Als Kind und Jugendlicher ist das Umfeld mehr oder weniger durch die Eltern vordefiniert, aber später kann man sich sein Umfeld selbst aktiv auswählen. Ich liebe den Ausspruch: „Du bist der Durchschnitt der 5 Menschen mit denen du am meisten Zeit verbringst„. Unterschreibe ich zu 100%. Ich gebe dir vier Beispiele:
- Sind viele in Deinem engeren Umfeld sportlich, dann wirst Du selbst auch eher sportlich sein (man treibt vielleicht gemeinsam Sport)
- Sind viele in Deinem Umfeld Unternehmer, dann wirst du auch eher Unternehmer sein (ergibt sich aus den Gesprächsthemen, Nähe zum Unternehmertum)
- Bauen viele gerade ein Haus, dann ist die Gefahr/Chance groß, dass Du auch ein Haus baust oder bauen wirst (soziale Druck)
- Lesen viele gerne Bücher, dann wirst Du auch eher ein Leser sein (man tauscht sich über Buchtitel aus)
Es ergibt sich ja oft ganz automatisch. Auf der Basis gemeinsamer Interessen entsteht eine Freundschaft.
Finanzielle Mindset – wie Du es verändern kannst
Dein Elternhaus ist definiert, aber Dein Umfeld und mit welchen Themen du Dich beschäftigst kannst Du jeden Tag aktiv neu wählen. Fünf Vorschläge wie Du Dein finanzielles Mindset verändern kannst. Vom Antivestor zum Investor:
1. Suche Dir Gleichgesinnte mit denen du Dich regelmäßig austauschen kannst
2. Lese Blogs- und höre Podcasts zu finanziellen Themen (am besten natürlich Geldbildung 🙂 )
3. Lese Bücher zu Anlagethemen und Biografien von inspirierenden Persönlichkeiten, ich stelle Dir im Bücherclub jeden Monat Bücher vor, die das Zeug haben Deine Ansichten auf den Kopf zu stellen
4. Eröffne ein Musterdepot und kaufe Wertpapiere mit virtuellem Geld
5. Eröffne ein reales Depot und investiere einen ersten kleinen Betrag an der Börse