Deutsche mit geringster Finanzbildung in Europa. Diese Meldung gab die Direktbank Ing-Diba im August 2013 als Ergebnis einer europaweiten Studie bekannt. Geldbildung konnte einen interessanten Interview-Partner gewinnen, der sich auf die Durchführung von Finanzseminaren und die unabhängige Betreuung von Privat- und Firmenkunden spezialisiert hat. Jürgen Nill ist Inhaber der FINANZBILDUNG NILL und heute zu Gast bei Geldbildung.
Geldbildung: Hallo Herr Nill, schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben für das Interview bei Geldbildung.
Jürgen Nill: Hallo Herr Obersteller, ja sehr gerne.
Geldbildung: Herr Nill, erzählen Sie doch mal, was waren so die bisherigen Stationen Ihrer Karriere und was machen Sie aktuell genau mit der Finanzbildung Nill?
Jürgen Nill: Angefangen hat die Idee mit Finanzbildung Nill in meiner Studienzeit. Neben dem Studium der Erwachsenenbildung war ich als Dozent im EDV/kaufmännischen Bereich tätig. Nachdem es kaum Angebote im Bereich der Finanzbildung gab (und immer noch gibt), habe ich dieses Themenfeld für mich entdeckt. Die Finanzkrise im Jahr 2009 hat mich endgültig davon überzeugt, dass sich Menschen mehr um ihre eigenen Finanzen kümmern müssen. Nach dem Ende des Studiums habe ich noch Betriebswirtschaftslehre, Finanzbetriebswirtschaftslehre und Jura studiert, um mir die entsprechenden Fachkenntnisse anzueignen. Aus meiner Dozententätigkeit heraus habe ich schließlich im Jahr 2010 die Finanzbildung Nill gegründet.
Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, unabhängiges Wissen aus dem Finanzbereich an meine Kunden weiter zu geben, damit sich diese selbständig um ihre Geldanlage kümmern können. Dabei wird gleichzeitig der kritische Blick geschult, um die Vor- und Nachteile von verschiedenen Finanzprodukten einschätzen zu können. Im digitalen Zeitalter stellen das Internet als Informationsplattform und Direktbanken eine wichtige Hilfe zur Erreichung des Ziels dar. Mein Motto lautet: „Bildung in Finanzen sichert Bildung von Finanzen“. Das geschieht in Form von Gruppenseminaren für Privat- und Firmenkunden, Einzelschulungen sowie Stammtischen. Darüber hinaus biete ich auch Depotanalysen an. Finanzbildung Nill möchte das Interesse an der spannenden Welt der Finanzen wecken und weiter fördern. Dabei versteht es sich von selbst, dass ich nicht auf Provisionsbasis arbeite und somit keine Produkte verkaufe.
Geldbildung: Kann man aus Ihrer Sicht die Betreuung des Vermögens in Hände Dritter geben?
Jürgen Nill: Man kann generell die Betreuung des eigenen Vermögens in die Hände Dritter geben, aber dazu muss man auch verstehen, was dieser Dritte überhaupt mit dem Geld macht. Die Bequemlichkeit kostet jedoch auch entsprechende Aufschläge und laufende Gebühren. Deshalb sehe ich diese Variante als Notlösung an.
Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass viele Kunden überhaupt nicht wissen, in welchen Produkten ihr Geld angelegt ist. Aus diesem Grund bedarf es zuerst objektives Wissen über die Finanzwelt. Im nächsten Schritt würde ich so viel an Finanzwissen aufbauen, dass man in der Lage ist, das Geld selbständig anlegen zu können. Schließlich hat man sich das Geld ja im Regelfall auch selbst verdient!
Als Beispiel: Warum soll man sich Anteile von Aktienfonds kaufen, die fremd verwaltet werden von einem Fondsmanager, den man nicht einmal persönlich kennt? Bei einem solchen Kauf fallen in der Regel 4-6% an Ausgabeaufschlag und 1,5% laufende jährliche Verwaltungsgebühren an und ggf. auch noch eine erfolgsabhängige Vergütung pro Jahr.
In einem solchen Fall kann ich nur dazu raten, sich einen Teil der Aktien aus dem Fonds selbst zu kaufen, ohne die eben genannten Kosten tragen zu müssen. Und zusätzlich ist man als Anteilseigner direkt an Dividenden und sonstigen Ausschüttungen beteiligt.
Geldbildung: Wie stehen Sie zum Thema provisionsorientierte Beratung vs. honorarbasierter Beratung, denken Sie Honorarberatung hat in Deutschland eine Chance auf breiter Front?
Jürgen Nill: Die Honorarberatung hat in Deutschland zarte Anfänge nach der Finanzkrise 2009 erlebt. Damals war das Vertrauen in das Bankensystem erschüttert, aber die Menschen vergessen auch schnell. Zudem bleibt die provisionsorientierte Beratung erstmal kostenlos, solange man keine Produkte kauft. Dass bei einem Kauf später hohe Gebühren anfallen – welche die Kosten einer Honorarberatung meist übersteigen – wird übersehen. Insgesamt sehe ich auf breiter Front immer noch die provisionsorientierte Bereitung weit vorne. Obwohl aus meiner Sichtweise die Honorarberatung weitaus mehr Vorteile bietet, da sie objektiv und auf den Kunden zugeschnitten ist.
Geldbildung: Ergibt sich aus Ihrer Sicht ein Interessenskonflikt bei der provisionsorientierten Beratung?
Jürgen Nill: Ganz klar ja! Bei der provisionsorientierten Beratung stehen die Bedürfnisse des Kunden im Hintergrund. Vorrangig geht es um den Verkauf von bestimmten Finanzprodukten wie Investmentfonds oder Sparprodukten. Sachwerte wie Aktien, Edelmetalle oder Immobilien werden dagegen deutlich seltener angeboten. Der häufig gebrauchte Begriff des „Finanzberaters“ bei einer Bank ist deshalb grundsätzlich falsch. Es geht nicht um Beratung, sondern hauptsächlich um Verkauf.
Geldbildung: Warum ist aus Ihrer Sicht finanzielle Bildung wichtig?
Jürgen Nill: Zum einen, weil es kein Schulfach dafür gibt. Selbst der Wirtschaftsunterricht in der Schule blendet das Finanzthema gänzlich aus. Ebenso finden sich später kaum Angebote in der Erwachsenenbildung. Weiterhin, um sich unabhängig zu machen von kommerziellen Anbietern, die nicht im Interesse der Kunden handeln. Und schließlich, weil das Geld selbst hart erarbeitet werden musste, und deshalb auch bestmöglich angelegt gehört. Und wer kann das besser, als man selbst, wenn man sich mit der Thematik befasst hat? Das heißt natürlich nicht, dass man keine Fehlinvestitionen tätigt und alles richtig macht. Aber so ärgert man sich über die eigenen Fehler (und lernt daraus), und nicht über die Fehler von anderen, denen man vertraut hat und Gebühren bezahlt hat. Ein Fondsmanager hat zwar eine entsprechende Ausbildung, die Zukunft an der Börse kennt er jedoch auch nicht.
Geldbildung: Welche drei Bücher haben Ihre Denkweise am stärksten beeinflusst in Bezug auf Themen rund um Kapitalanlage und Börse?
Jürgen Nill: Das waren weniger einzelne Bücher, sondern vielmehr bedeutende Persönlichkeiten aus dem Finanzbereich wie Warren Buffett, André Kostolany, Dirk Müller oder Gerald Hörhan, von denen ich sehr viel gelernt habe. Sei es in Form von Büchern, Diskussionsrunden, Vorträgen oder Interviews.
Geldbildung: Haben Sie ein Lieblingszitat?
Jürgen Nill: Da gibt es viele, aber in Bezug auf die Börse: „Verkaufe Euphorie, kaufe Panik“. Antizyklisches Handeln ist an der Börse der Grundstein zum Erfolg!
Geldbildung: Wie können meine Leser Sie kontaktieren?
Jürgen Nill: Unter meiner Internetseite www.finanzbildungnill.de gibt es weitere Informationen, erreichbar bin ich per Email an info@finanzbildungnill.de oder telefonisch unter 089 18922155.
Geldbildung: Herr Nill, ich bedanke mich für das Gespräch.