In Folge Nr. 65 spreche ich mit Dr. Franz-Josef Leven. Herr Dr. Leven ist Mitglied der Geschäftsführung des Deutschen Aktieninstituts.
Der Verein versteht sich als Interessenvertreter für einen funktionierenden Kapitalmarkt und berät seine Mitglieder umfassend in allen relevanten Kapitalmarktfragen. Die Mitglieder sind im wesentlichen börsennotierte Aktiengesellschaften, Investoren, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und andere Berufsgruppen, die mit dem Kapitalmarkt interagieren.
Der Verein hat unter anderem das Ziel, das Verständnis für Aktien zu verbessern und einen Beitrag zur Verbesserung der ökonomischen Bildung zu leisten. Ich spreche mit Herrn Dr. Leven über den Status-quo der Aktienkultur in Deutschland und was der typische Aktionär für einen sozio-ökonomischen Hintergrund hat.
Wir reden auch über die Vorteile der Aktie als langfristige Kapitalanlage und über die Auswirkungen des EZB-Entscheids.
Weitere Themen im Interview sind: Gibt es eine Daumenregel für die persönliche Aktienquote? Kann Regulierung Krisen verhindern? Warum sollte man sich mit der eigenen Geldanlage beschäftigen?
Interessante Links zum Thema:
Deutsches Aktieninstitut (DAI)
Buchempfehlungen von Herrn Dr. Leven:
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Die Lessons Learned:
Die Deutschen und ihre Aktien
- Die aktuelle Börsen-Hausse geht an den meisten Anlegern vorbei, da nur wenige überhaupt in Aktien oder Investmentfonds investiert sind
- Deutsche Unternehmen gehören mehrheitlich ausländischen Investoren
- Mögliche Erklärungen für die Aktienaversion der Deutschen:
- 1. Krisen in der Vergangenheit haben sich in den Köpfen verankert
- 2. Chancen/Risikoverhältnis wird falsch eingeschätzt
- Der typische deutsche Aktionär hat eine gute Ausbildung, ist relativ häufig in Führungsfunktionen und hat dementsprechend im Durchschnitt ein höheres Einkommen und mehr Vermögen
- Die unzureichend ausgebildete Aktienkultur in Deutschland ist ein wesentlicher Faktor des vermögenspolitischen Problems (Stichwort: Schere arm/reich)
- Steigen die Aktienkurse, dann profitieren logischerweise nur Personen, die in Aktien bzw. Unternehmensbeteiligungen investiert sind
Aktienanteil am eigenen Vermögen
- Die Aktienquote, die Anleger guten Gewissens eingehen können, hängt maßgeblich von der persönlichen Risikotragfähigkeit ab
- Die persönliche Risikotragfähigkeit hängt maßgeblich vom persönlichen Einkommen und Vermögen ab
- Je geringer die persönliche Risikotragfähigkeit, desto geringer sollte die persönliche Aktienquote sein
- Eine Daumenregel wie 100 – Lebensalter = persönliche Aktienquote ist ein erster Indikator, aber für eine abschliessende Beurteilung zu undifferenziert
- Es sollte nur Liquidität in Aktien investiert werden, die in den nächsten 5 – 10 Jahren mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht benötigt wird
- „So anlegen, das man nicht gezwungen ist Aktien zu verkaufen, wenn diese gerade niedrig stehen“
- „Wer nicht investiert ist, der kann nicht profitieren“
Dominanz der Anlageklasse Aktien
- Überlegene Rendite
- Halbautomatischer Inflationsschutz durch die Beteiligung an Sachwerten
EZB-Entscheidung: lachendes und weinendes Auge
- In der kurzen Frist hohe Kursgewinne (vgl. Entwicklung Börsen)
- Irgendwann wird die Liquidität wieder zurückgeführt werden und es droht langfristig die Gefahr steigender Zinsen, die Gift für Aktienmärkte sind
- Reine liquiditätsgetriebene Kurse stehen mittel- langfristig auf wackeligen Füßen
- Auf Dauer werden die Kurse nicht ausschließlich weiter steigen
Empfehlung Kapitalanlage und allgemeine Tipps
- Auch auf dem aktuellen Niveau ist eine Investition möglich
- Die guten und die schlechten Jahre gleichen sich im Schnitt aus
- Wichtig ist: in Aktien investiert zu sein und das lange genug
- Untersuchungen zeigen das reger Handel nicht zu einer höheren Rendite führt, sondern lediglich zu höheren Kosten
- Aktienanlage der ruhigen Hand mit einer gewissen Sympathie für die Kostolany Methode
Krisen und Regulierung
- Regulierung ist keine Garantie für die Verhinderung zukünftiger Krisen
- Wir brauchen einen leistungsfähigen Aparat und leistungsfähige Institutionen
- Die „normalen Krisen“ haben einen Rythmus von 7 – 10 Jahren
- Die Staatsschuldenkrise ist noch nicht überwunden
- Ein Großteil der Regulierung besteht in mehr Informationen, aber der private Anleger kann die Informationen nicht verarbeiten, da er die Informationen nicht versteht
Honorarberatung vs. provisionsorientierte Beratung
- Der DAI ist ein großer Freund der Wahlmöglichkeit der Anleger
- Ob Honorarberatung oder provisionsorientierte Beratung sollte vom Anleger entschieden werden
- Je höher die Anlagesumme, desto ungünstiger ist die provisionsorientierte Beratung
- Die meisten Anleger wären gut beraten eine Honorarberatung anzunehmen
- Die mangelnde Akzeptanz der Honorarberatung ist der fehlenden Bildung geschuldet
- Die gefühlte Zahllast ist bei der provisionsorientierten Beratung geringer, aber das Geld ist trotzdem weg (z.B. in Form eines erhöhten Einstandskurses)
Eigenverantwortung ist wichtig
- Jeder ist für das eigene Vermögen selbst verantwortlich
- Der Deutsche verwendet im Durchschnitt mehr Zeit für die nächste Autokonfiguration, als er für die eigene private Altersvorsorge aufwendet
Bildquelle: DAI